Und immer wieder Dunkelheit
- Klaus-Michael Jetter
- 15. Apr. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Feb.
Bericht aus dem Inneren einer Traumatisierung.

Mir geht es nicht darum, mich mit meiner eigenen Traumatisierung zu profilieren. Ich versuche nur, Wege zu finden, um aus dieser scheinbar ausweglosen Situation herauszukommen. Und zwar nicht fĂŒr eine Weile, sondern, wenn es geht, fĂŒr immer.
Ich bin an einem Punkt angekommen, wo mir Lesen gerade nicht mehr weiter hilft.
Da meine Therapeutin mich fĂŒr austherapiert hĂ€lt, was auch immer das heiĂt, muss (!) ich selbst Wege finden, mich aus dem Kreislauf des "Grauens" zu befreien. Kreislauf des "Grauens", mit Betonung auf Kreislauf und "Grauen" deshalb, weil ich, soweit ich mich erinnern kann, schon immer morgens aufwache und mich nicht wohl, sondern, wie in einer grauen, endlos scheinenden Masse eingepackt, vor Angst gelĂ€hmt fĂŒhle.
Das passiert jeden Morgen, egal, was ich den Tag zuvor gemacht habe. Meine Ideen zur Lösung dieses morgendlichen Zustands gehen mittlerweile so weit, dass ich meine, dass eine harte Matratze, aufgrund einer Empfehlung eines Selfmade-Physiotherapeuten aus dem Internet, mir helfen könnte, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Wie so oft in letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass es eine Kraft gibt, die mir hilft, neue Wege auszuprobieren, um mich endlich von diesem Schlamassel zu befreien oder ihn wenigstens zu verstehen.
Zuallererst scheint mir der wichtigste Punkt zu sein, meine Traumatisierung in Worte zu fassen. Und das ist, dieses jeden Morgen aufwachen und das GefĂŒhl zu haben, erst mal tausend Meter an die OberflĂ€che schwimmen zu mĂŒssen, um mich aus diesem scheinbar ewigen Martyrium zu befreien.
Das Martyrium besteht darin, sich gefĂŒhlt nicht auf bereits vorher gewonnenem Terrain zu befinden, sondern wieder ganz von vorn anfangen zu mĂŒssen, um wenigstens das Tageslicht sehen zu können, um wenigstens wieder das GefĂŒhl zu haben, die Kraft zu besitzen auch diesen Tag gut ĂŒberstehen zu können. Mit gut meine ich, dass nichts passiert, was mich weiter von dem Punkt herunterzieht, wo ich mich befinde.
Jeder Therapeut oder Mitmensch wird, wenn er diese Zeilen liest, denken oder erklÀren können, wo ich mich gerade von meiner Entwicklung her befinde, dass das ja alles nicht so schlimm, sondern ganz normal sei.
Genau das ist der Punkt, ich empfinde das als schlimm und es interessiert mich nicht mehr, ob andere das als normal empfinden. Ich habe einfach die Schnauze voll, jeden Morgen von vorn anfangen zu mĂŒssen, um wenigstens ein wenig von der Energie zu erheischen, die mir gefĂŒhlt von Natur aus zusteht.
Von gut gemeinten RatschlÀgen, sei es aus der psychologischen, esoterischen, buddhistischen oder sonst einer Ecke, habe ich genug. Den erstens weià ich nicht, ob diese Ratgebenden nicht selbst traumatisiert sind, z.B. dadurch, dass sie ihr ganzes Leben in einem Kloster verbracht haben, und zweitens ist jeder Mensch, wie auch seine Traumatisierung, ob er sich ihrer bewusst ist oder nicht, einzigartig.

Genauso einzigartig ist auch sein Weg aus der Traumatisierung heraus.
Mein Wegweiser hieraus ist meine Unzufriedenheit, mich jeden Morgen aufs Neue aus diesem "Grauen" herauskĂ€mpfen zu mĂŒssen, um wenigstens das Tageslicht sehen zu können.
Klaus-Michael Jetter um 2:22 Uhr als "Nachteule" oder "Morgenlerche" wie man's nimmt
Wissenschaftlicher Artikel zum Thema: "Und immer wieder Dunkelheit".
Vielleicht ist das "Grauen" ja normal.
"Warum grĂŒbelt man nachts so viel?
Und dieses bewusste Aufwachen kann zu GrĂŒbeleien fĂŒhren. Denn laut Murray sind Menschen zu dieser Zeit körperlich und kognitiv auf einem Tiefpunkt. Der Zustand ist eigentlich zur emotionalen und physischen Erholung des Körpers gedacht, wird in einer Wachphase aber schnell zur Negativspirale, da weder soziale Beziehungen noch die ĂŒblichen BewĂ€ltigungsmechanismen im Alltag zu dieser Zeit zur VerfĂŒgung stehen. So ist man allein mit seinen Gedanken â und Probleme, die man sonst nicht als solche sehen wĂŒrde, erscheinen einem plötzlich unlösbar. Und aufgrund des Hormonzusammenspiels ist unser Verstand auch nicht zu einer Lösungsfindung fĂ€hig."
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