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Wenn eine Kontaktaufnahme nicht mehr möglich ist, möchte ich trotzdem stolz sterben

Aktualisiert: 10. Apr.

Ein Mann in verschiedenen Alterstufen und Situationen

Ich habe meine Kinder traumatisiert, obwohl ich das nicht gewollt habe.


Mit dem einen Kind habe ich noch Kontakt, mit dem anderen ist der Kontakt abgebrochen worden.


Die Gespräche mit dem Kind, mit welchem ich noch Kontakt habe, bewegen sich an der Oberfläche. Nichts von dem, was ich sage, bewirkt etwas. So als ob es sich, zumindest mir gegenüber, abgeschottet hat. Insofern kann ich sagen, dass mit ihm auch der Kontakt abgebrochen ist oder nie wirklich bestanden hat.


Bei diesem Kind fehlte meine Zuwendung zu der Zeit, in welcher es sich von seiner Mutter hätte lösen müssen. Heute lebt es ein Leben in einem "Kokon". Niemand kommt an ihn ran. Vielleicht sogar er selbst nicht.


Bei meinem anderen Kind fehlte nicht nur meine Zuwendung, sondern es fehlte vor allem meine Empathie.


Ich habe gesehen, dass es ihm nicht gut ging, hätte aber nicht vermutet, dass ich schuld daran bin.


Mein "sich nicht kümmern" muss so gravierend für es gewesen sein, dass es als Erwachsener zu dissoziieren anfing und Panikattacken bekam.


Nachdem es eine Traumabehandlung angefangen hat, musste es zu seiner Stabilisierung den Kontakt zu mir abbrechen.


Jetzt könnte ich ja sagen, das wird schon wieder. Spätestens, wenn es erkennt, dass ich es nicht absichtlich, sondern aus Unverstand verletzt habe, wird es sich wieder bei mir melden.


Wenn einer der Leser dieses Beitrages mir sagen kann, wie lange ich noch lebe, würde ich meiner eigenen Aussage zustimmen. Ich weiß aber nicht, wie lange ich noch lebe.


Meine Kinder fehlen mir.


Integrität versus Verzweiflung - Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung


Mann mit Glatze lächelt in die Kamera

Ich bin in der Phase meines Lebens angekommen, wo es für mich darauf ankommt, meine Sterblichkeit zu akzeptieren, mein bisheriges Leben an mir vorüberziehen zu lassen und ein Fazit zu ziehen.


Dabei hilft mir dieser Blog.


Eine Freundin von mir möchte vor ihrem Tod noch etwas für ihre Kinder tun, damit sie beruhigt sterben kann. Das möchte sie mit Geld auf die Weise erreichen, dass sie in kurzer Zeit so viel erwirtschaftet, damit sie ihren Kindern etwas hinterlassen kann.


Die Idee finde ich gut, weil es etwas ist, was über ihren Lebenshorizont hinausgeht und somit eine transzendierende Wirkung hat.


Anders ausgedrückt, ihre Angst vor dem Sterben wird sich durch einen transzendenten Lebenssinn verkleinern, wenn nicht sogar ganz auflösen und ihre Kinder haben auch noch was davon.


Aber! Sie möchte das wenige Geld, was sie monatlich neben ihrer Rente erwirtschaftet, in einem Projekt anlegen, das viel an Rendite verspricht, mit einhundertprozentiger Sicherheit jedoch nicht den Gewinn abwerfen wird, welcher versprochen wird.


Sie ist jenseits jeder Vernunft besessen von dieser Idee.


Stolz sterben


Ich persönlich glaube stattdessen, dass der größte Dienst, welchen man seinen traumatisierten Kindern erweisen kann, ist, wenn man trotz des ganzen Mists, den man gemacht hat, mit erhobenem Haupt stirbt. So kann man im Tod ein positives Vorbild sein, was man ja bis dahin nicht war.


kleiner Junge im Russenkittel steht erschrocken vor einer Klaviertastatu

Denn keiner von uns ist vollkommen. Jeder macht Fehler, ob gewollt oder ungewollt.


Gerade ein Mensch, welcher viel falsch in seinem Leben gemacht hat, kann wenigstens im Sterben Größe - ich meine nicht Trotz/oder falschen Stolz - zeigen und so am Ende ein motivierendes Vorbild sein.


Spätestens dann erhält jedes Leben einen über den Tod hinausgehenden Sinn und erlangt so Unsterblichkeit.


Ich würde das gerne so machen. Ob mir das gelingt, weiß ich nicht.


Klaus-Michael Jetter

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