Wie die Übergriffigkeit meiner Mutter die Entwicklung meiner eigenen Sexualität zerstörte
- Klaus-Michael Jetter
- 9. Feb. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Apr.
Die Übergriffigkeit meiner Mutter
An das, dass meine Mutter überhaupt übergriffig war, habe ich mich erst im Alter von 27 Jahren bei einem Rollenspiel im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung erinnert.
Ich erinnerte mich, dass sie mich im Alter von ungefähr acht Jahren an sehr empfindlichen Stellen an meinem Körper gestreichelt hat, und ich davon aufwachte. Ich schlief damals manchmal noch im Ehebett meiner Eltern neben meiner Mutter.
Der Vorgang als solcher hat mich nicht geängstigt, sondern dass mein Stiefvater schlafend neben mir lag.
Ich hatte Todesangst. Zusätzlich durfte ich meine Mutter nicht anfassen, sondern nur sie mich. Wohin sollte ich mit meiner Energie? Ich war zwischen überbordender Lust und Todesangst gefangen.
Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter mich danach noch einmal auf diese Art und Weise angefasst hat.
Die Erinnerung an diesen Vorgang geriet in Vergessenheit.
Erst als ich nach meiner Entziehungskur, ca. 30 Jahre später, auf Anraten einer Therapeutin aus der Suchtklinik eine Traumatherapie durchführte, stellte sich bei mir eine weitere Erinnerung ein.
Meine Mutter hatte mich im Alter von zwei bis drei Jahren einmal sexuell so stark zu erregt, dass ich innerlich "abgeschaltet" habe.
An die Zeit mit meiner Mutter zwischen diesen beiden Ereignissen kann ich mich nicht mehr erinnern.

»Point of no return«
Was passierte bei der Übergriffigkeit meiner Mutter in mir? Wenn kleine Kinder ihre Genitalien berühren, dann passiert das spielerisch. Sie machen das, weil sie sich wohl dabei fühlen. Da kleine Kinder im Hier und Jetzt leben, sind ihre Handlungen nicht zielgerichtet. Die Entstehung sowie die Entladung der Erregung erfolgen reflexartig. D.h. Kinder steuern nicht bewusst auf die Entladung zu, diese ergibt sich einfach beim spielerischen Umgang mit ihren Wohlgefühlen. Wenn man Kindern diesen Freiraum lässt, lernen sie ihre eigene Sexualität von der Entstehung der Erregung bis zur Entladung kennen. Die Entladung ist dann mit Lust verbunden.
Anorgasmie:
"Ist die Unfähigkeit, die genitale Entladung mit einer emotionalen Entladung sexueller Lust zu verbinden. Eine orgasmische Entladung beschreibt die Fähigkeit, eine genitale Entladung mit einer emotionalen Entladung (sexuelle Lust) zu verbinden."
Da die Handlung meiner Mutter nur auf die Befriedigung ihrer Begierde und nicht auf das Wohlgefühl der Lust als solcher ausgerichtet war, ging alles bis zur Entladung rasant. Dann war Ruhe. Da meine Gefühle keine Zeit hatten, sich mit der Entladung zu verbinden, war das keine selige Ruhe nach einer reflexartigen Anspannung, sondern Totenstille nach einer gewaltigen Anstrengung.
Dieses Muster habe ich in mein eigenes (Sexual-) Leben übertragen.
Wie viele andere Menschen lebe ich nicht im Moment, sondern denke ständig an die nahe oder ferne Zukunft. Ich habe ständig Angst vor dem, was kommt. Allein schon deswegen kann ich die Momente meines Lebens nicht genießen, mich mit ihnen wohlfühlen. Emotional bin ich nicht wirklich bei mir angekommen, rational schon.
Mein Hund "zwingt" mich oft dazu, stehenzubleiben. Er bringt mich so dazu, gemeinsam mit ihm den Moment zu genießen.
Vielleicht kann so Heilung entstehen.
Klaus-Michael Jetter
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